2. Säule Schweizer Sozialsystem (BVG)

Oliver S.
30.06.2022, 15:26
5 min

Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenenund Invalidenvorsorge - BVG: was ist das?

Zweck
Existenzsicherung im Alter durch betriebliche Altersvorsorge, durch die der gewohnte Lebensstandard gehalten werden kann

Träger
Eine in das „Register für die berufliche Vorsorge“ eingetragene Vorsorgeeinrichtung

Art
Obligatorische Versicherung

Ähnliche Begriffe
2. Säule, BVG, Betriebliche Vorsorge, Pensionskasse, Bundesgesetzüber die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge

BVG
RealAdvisor Glossar: BVG – Teil der 2. Säule der sozialen Vorsorge in der Schweiz

Das soziale Vorsorgesystem der Schweiz beruht auf drei Säulen. Die mittlere, 2. Säule wiederum setzt sich aus drei Teilbereichen zusammen, von denen eine die BVG, die obligatorische berufliche Vorsorge ist. 

Als wichtiger Pfeiler der persönlichen Absicherung im Alter kann man gemeinsam mit der 1. Säule rund 60 % des letzten Lohnes als Altersvorsorge erzielen. Die 3. Säule sorgt dann dafür, die weitere Lücke zu schliessen. Was die BVG genau ist und welche Leistungen sie umfasst, erläutern wir nachfolgend.

Die Regelungen im Rahmen des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge wurden erst im Jahr 1972 verpflichtend eingeführt. In der BVG, die auch als Pensionskasse bezeichnet wird, sind alle Erwerbstätigen der Schweiz über 17. Jahren obligatorisch versichert, solange sie auch in der AHV versichert sind und zudem mehr als CHF 21’510.- (letzte Anpassung: 01.01.2021) im Jahr verdienen. Demnach sind jedoch Selbstständige, Landwirte mit einem eigenen Betrieb und Erwerbstätige mit befristeten Arbeitsverträgen von bis zu 3 Monaten nicht im Rahmen der BVG versichert.

Die Leistungen aus der BVG-Vorsorge

Das Leistungspaket, das aus der BVG bestritten wird, umfasst drei Bereiche, die Standardleistungen, die Invaliditätsleistungen und die Hinterlassenenleistungen. 

Standardleistungen (Rentenzahlungen)

  • Bei Erreichung des regulären Rentenalters, erhalten die Versicherten eine jährliche Altersrente in Höhe von 6,80 % des angesparten Altersguthabens.
  • Kinderrenten (Waisenrenten) bis zu einer Höhe von 20 % der Altersrente
  • Auf Wunsch bei Renteneintritt: Auszahlung einer Einmalsumme in Höhe von maximal 25 % des gesamten Altersguthabens.

Invaliditätsleistung

  • Zahlung einer monatlichen Invaliditätsrente von 6,80 % des hochgerechneten Altersguthabens
  • Bei einem Invaliditätsgrad von 40 % zu 25 %, bei 50 % zu 50 %, bei 60 % zu 75 % und bei einem Grad von 70 % oder mehr zu 100 % dieses Wertes
  • Kinder erhalten beim Tod einer Person, die Invalidenrente bezieht, bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres eine Waisenrente in Höhe von 20 % der Altersrente des Versicherten.

Hinterlassenenleistungen

  • Unter gewissen Voraussetzungen, wie einer Mindestehedauer von 10 Jahren, erhalten Hinterlassene eine Witwen-/Witwerrente von bis zu 60 % der Alters- oder Invalidenrente des Verstorbenen. Dies gilt auch bei eingetragenen Lebenspartnerschaften.
  • Auch eine einmalige Kapitalabfindung ist im Rahmen der Hinterlassenenleistungen denkbar.

Wichtige Begriffe, Leistungen und Werte im Kontext der BVG

Die Rahmenbedingungen und gesetzlichen Regelungen des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge sind mit 8 Teilen und 98 Artikeln sehr komplex und werden zudem den aktuellen Gegebenheiten angepasst. Gerne erklären wir die wichtigsten Begrifflichkeiten und Bedingungen nachfolgend:

Altersguthaben

Das Altersguthaben setzt sich aus den vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer bezahlten Altersgutschriften, den eingebrachten Freizügigkeitsleistungen sowie den freiwilligen Einkaufszahlungen inklusive Verzinsung zusammen. Das Altersguthaben wiederum wird dem Alterskonto jährlich gutgeschrieben und besteht aus einem altersabhängigen Prozentsatz des versicherten Lohns. 

Auszahlung der BVG

Zum Erreichen des Pensionsalters (Männer, die das 65. Altersjahr und Frauen, die das 64. Altersjahr zurückgelegt haben) wird in der Regel eine monatliche Rente ausgezahlt. Anstelle dieser kann auch eine teilweise oder gänzliche Auszahlung des erzielten Rentenkapitals erfolgen. 

Beitragsbefreiung bei Krankheit und Unfall

Im Falle einer Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Krankheit oder Unfall müssen keine Beiträge zur Pensionskasse geleistet werden, während jedoch der Vorsorgeschutz für die Risiken Alter, Tod und Invalidität weiterhin gewährleistet ist. 

BVG Eintrittsschwelle und Obergrenze

Damit ein Erwerbstätiger obligatorisch BVG-versichert ist, muss er einen Jahreslohn über der BVG-Eintrittsschwelle von CHF 21’510.– (für 2022) erzielen. Die BVG-Obergrenze liegt im Jahr 2022 bei CHF 86’040.–, was dem Dreifachen der maximalen AHV-Jahresrente entspricht. Der Teil des Lohns, der diesen Wert überschreitet, muss nicht versichert werden, kann jedoch über die überobligatorische Vorsorge freiwillig versichert werden.

Kann man die Leistungen aus der BVG nutzen, um ein Haus zu kaufen?

Möchte man eine Immobilie kaufen und diese finanzieren, sind mindestens 20 % Eigenkapital erforderlich. Je höher das Eigenkapital ist, desto geringer ist das aufzunehmende Darlehen und die späteren monatlichen Belastungen durch Zins und Tilgung. 

Wie viel steht für den Kauf eines Hauses zur Verfügung?

Ab Bezugsschwelle kann man sich aus der BVG bis zu 25 % als einmalige Zahlung überweisen lassen und dieses Geld für die Anzahlung des Hauses nutzen. Bei einer Auszahlung ab dem 50. Lebensjahr darf man maximal die Hälfte des aktuellen Altersguthabens beziehen und pro Bezug müssen mindestens CHF 20’000.- entnommen werden. 

Welche Bedingungen für den Hauskauf sind an die Verwendung der Leistungen aus der Pensionskasse geknüpft?

An den Vorbezug aus Leistungen der Pensionskasse sind einige Bedingungen, genauer gesagt Voraussetzungen geknüpft:

  • Sollten Sie sich freiwillig in eine Pensionskasse eingekauft haben, sollten Sie mindestens 3 Jahre warten, bevor Sie eine Auszahlung vornehmen lassen. Bei weniger als 3 Jahren fällt eine Nachsteuer an.
  • Banken setzen meist ein Limit von maximal 10 % des Kapitalbedarfs für die Finanzierung einer Immobilie, das aus der Pensionskasse stammen darf. Demnach also maximal 50 % des Eigenkapitalbedarfs.
  • Eine Auszahlung kann bis zu sechs Monate dauern.
  • Befindet sich die Pensionskasse in einer Phase der Unterdeckung, ist oftmals kein Vorbezug möglich oder verzögert sich zeitlich. Eine rechtzeitige Klärung ist daher immer ratsam.
  • Bei einem Vorbezug fällt zudem eine Kapitalbezugssteuer an, die man berücksichtigen sollte.

Wie kann man das Geld aus der 2. Säule für den Hauskauf einsetzen?

Möchten Sie Gelder aus der 2. Säule für den Kauf einer Immobilie verwenden, können Sie damit ausschliesslich selbst bewohnte Liegenschaften, den Erwerb von Anteilscheinen von Wohnbaugenossenschaften, Renovationen, wertvermehrende Investitionen oder die Rückzahlung von Hypotheken finanzieren. Eine Zweitwohnung oder ein Renditeobjekt dürfen Sie mit dem Geld hingegen nicht erwerben. 

Alternative: Verpfändung der BVG Pensionskasse

Anstatt einen Vorbezug einzuleiten, sollten Sie auch die Möglichkeit einer Verpfändung der Pensionskassengelder überdenken. Zum einen fällt hier keine Kapitalbezugssteuer an, zum anderen entstehen folgende Vorteile

  • Bei einem Vorbezug können Sie sich erst wieder einkaufen, nachdem dieser in Gänze zurückgezahlt wurde.
  • Ein Vorbezug reduziert unter Umständen die Leistungen bei Invalidität und im Todesfall.
  • Zudem ist es denkbar, dass Sie in der Pensionskasse mehr Zinsen erhalten, als Sie für die Hypothek bezahlen müssen. 
2. Säule (BVG): Die Quintessenz
  • Die BVG ist die 2. Säule im 3-säuligen sozial Vorsorgesystem der Schweiz
  • Gemeinsam mit der 1. Säule kommt man auf rund 60 % seines letzten Gehaltes
  • Die Leistungen bestehen aus Rentenzahlungen, Zahlungen bei Invalidität und Zahlungen an Hinterlassene.
  • Selbst bewohnte Liegenschaften lassen sich unter bestimmten Voraussetzungen teilweise mit Geldern aus der BVG finanzieren.

Quellen

https://www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/sozialversicherungen/bv/grundlagen-und-gesetze/grundlagen/sinn-und-zweck.html

https://www.ahv-iv.ch/de/Sozialversicherungen/Weitere-Sozialversicherungen/Berufliche-Vorsorge-BV

https://www.ch.ch/de/pensionierung/altersvorsorge/2-saule--pensionskasse-/

FAQ

Was ist die BVG der 2. Säule?

Die BVG, also das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge ist die 2. Säule des Schweizer Versorgungssystems, das aus 3 Säulen besteht.

Ist die BVG obligatorisch?

Ja, die 1. und 2. Säule des sozialen Vorsorgesystems der Schweiz sind für alle (mit einigen wenigen Ausnahmen) Arbeitnehmenden verpflichtend.

Wie viel Prozent des letzten Lohns erhält man aus der BVG?

Zusammen mit der 1. Säule erhält man als Altersversorgung aus der BVG ca. 60 % des letzten Lohns.

Ab wann ist man BVG-pflichtig?

Wenn Sie das 17. Lebensjahr vollendet haben, das Rentenalter noch nicht erreicht haben, einen Jahreslohn von mindestens CHF 21’510.- (letzte Anpassung: 01.01.2021) im Jahr erhalten und einer Tätigkeit von mehr als 3 Monaten nachgehen sind Sie BVG-pflichtig.

Oliver S.
Oliver S. schreibt seit 15 Jahren über den Immobilienmarkt. Er ist auf Immobilien spezialisiert und betreibt seit 2012 einen professionellen Blog mit bislang über 1'000 Artikeln und etwa 1 Million Seitenaufrufen pro Jahr. Darüber hinaus hat er in den letzten Jahren 5 Bücher über Management und Führung veröffentlicht.