Ertragswertmethode

Oliver S.
29.01.2024, 05:04
4 min

Ertragswertmethode: Was ist das?

Ertragswertmethode: Definition

Die Ertragswertmethode ist ein gängiges Verfahren zur Ermittlung eines Unternehmenswertes oder zur Bewertung von Immobilien. Der Fokus bei der Ermittlung des Wertes liegt dabei auf den zukünftigen Gewinnen oder Einnahmen, die als Investitionsrendite betrachtet werden. Bei deren Berechnung spielen Konzepte wie der Kapitalisierungssatz eine entscheidende Rolle. Obwohl diese Methode Vorteile mit sich bringt, hat sie auch ihre Grenzen. Mehr über die Definition, Formel und Anwendung der Ertragswertmethode erfahren Sie hier.

Grundlagen der Ertragswertmethode

Die reine Ertragswertmethode basiert auf der Annahme, dass der Unternehmenswert bzw. der Wert einer Immobilie von den zu erwartenden, zukünftigen Erträgen abhängt. Diese Methode betrachtet nicht nur materielle Vermögenswerte, sondern berücksichtigt auch immaterielle Aspekte wie den Kundenstamm, die Marktposition und den Ruf eines Unternehmens.

Bei der Bewertung von Immobilien wird der Wert auf der Grundlage der erwarteten zukünftigen Mieteinnahmen und des Immobilienwerts am Ende des Betrachtungszeitraums berechnet. Bei Unternehmen wie Schweizer KMU werden die künftigen Gewinne in der Regel für die nächsten 2 bis 5 Geschäftsjahre prognostiziert, um den Ertragswert zu ermitteln. Hier werden demnach auch die Kosten einkalkuliert. Übrigens: Wenn Sie Ihre eigene Immobilie bewerten möchten, empfehlen wir Ihnen das kostenlose Online-Tool von RealAdvisor.

Der ermittelte Ertragswert dient oft als Grundlage für weitere Bewertungsmethoden wie die Substanzwertmethode, die Discounted Cashflow-Methode oder die Multiplikatormethode.

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Die Formel und Berechnung des Ertragswerts

Die Formel zur Berechnung des Ertragswerts variiert je nach Anwendungsfall. Generell wird der Ertragswert jedoch durch die Division der jährlichen Nettoeinnahmen oder des bereinigten Betriebsgewinns durch den Kapitalisierungssatz berechnet.

Ertragswertmethode zur Immobilienbewertung bei Liegenschaften aller Art

Für Immobilien bietet sich zum Beispiel die folgende Formel an:

Ertragswert = (Jährliche Nettomieteinnahmen in CHF × 100) / Kapitalisierungssatz

Ertragswertmethode zur Unternehmensbewertung

Für Unternehmen hingegen lautet die Formel wie folgt:

Unternehmenswert = (Nachhaltiger, bereinigter Betriebsgewinn in CHF x 100) / Kapitalisierungssatz

In beiden Fällen spielt der Kapitalisierungssatz eine entscheidende Rolle, da er das Risiko und den Zeitwert des Geldes berücksichtigt.

Kapitalisierungszinsfuss und Kapitalisierungssatz

Der Kapitalisierungszinsfuss und der Kapitalisierungssatz sind zwei Schlüsselkonzepte in der Ertragswertmethode. Der Kapitalisierungszinsfuss, auch als Rendite eines Vermögenswertes bezeichnet, beschreibt das Gesamtrisiko des Unternehmens in einer konkreten Zahl. Er setzt sich aus mehreren Komponenten wie dem risikolosen Zinssatz, der Marktrisikoprämie, dem Zuschlag für kleine Unternehmen und unternehmensspezifischen Risikozuschlägen zusammen.

Auf der anderen Seite ist der Kapitalisierungssatz ein Faktor, der die zu erwartenden Erträge in Bezug auf das investierte Kapital misst. Er ist von vielen Faktoren wie der Lage oder den Betriebs- und Unterhaltskosten bei Immobilien abhängig und variiert je nach Grösse, Branche und individuellen Umständen des Unternehmens oder der Immobilie. Bei höherem Unternehmerrisiko ist der Kapitalisierungssatz tendenziell höher, was zu einem niedrigeren Unternehmenswert führt.

Anwendung der Ertragswertmethode bei Immobilien

Die Ertragswertmethode ist bei Immobilien besonders relevant für Renditeliegenschaften, wie vermietete Wohn- oder Gewerbeimmobilien. Hierbei werden die möglichen Nettomieteinnahmen und der zukünftige Restwert der Immobilie berücksichtigt, um den aktuellen Marktwert zu ermitteln. Wie die Bewertung einer Renditeliegenschaft funktioniert, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Zwei zentrale Annahmen sind, dass die Mieteinnahmen konstant bleiben und ewig anfallen. In der Praxis wird dabei vor allem den derzeit erzielte Mietzins berücksichtigt. Diese Methode erfordert jedoch eine gute Marktkenntnis, da einige Werte wie der Bodenwert, der Liegenschaftszins und der bauliche Zustand des Objekts schwierig zu ermitteln sein können.

Die Ertragswertmethode findet vorrangig Anwendung bei ertragswertorientierten Objekten, bei denen der Realwert im Hinblick auf den Verkehrswert eine unbedeutende oder keine Rolle spielt.

Vereinfachte Ertragswertverfahren: Funktionsweise und Anwendung

Das vereinfachte Ertragswertverfahren ist eine abgespeckte Version des traditionellen Ertragswertverfahrens. Es wird vor allem in Situationen angewandt, in denen eine detaillierte Zukunftsplanung nicht möglich oder nicht sinnvoll ist. Das Verfahren berücksichtigt den durchschnittlichen Jahresertrag der Vergangenheit und kapitalisiert diesen mit einem typisierten Kapitalisierungsfaktor.

  • Anwendung: Das Verfahren kommt insbesondere zur Bewertung von Unternehmen zum Einsatz, die weder börsennotiert sind, noch kürzlich getätigte Anteilverkäufe als Vergleichswerte vorweisen können. Es ist auch bei der Ermittlung von Steuerwerten sowie im Zivilrecht von Bedeutung.
  • Berechnung: Zur Berechnung des Ertragswerts wird der zukünftig nachhaltig erzielbare Jahresertrag verwendet. Hierbei wird der nachhaltige Betriebsgewinn geschätzt und mit dem Kapitalisierungszinsfuss diskontiert.

Vorteile und Nachteile der Ertragswertmethode

Die Ertragswertmethode hat sowohl Vor- als auch Nachteile, die wir Ihnen selbstverständlich nicht vorenthalten möchten.

  • Zu den Vorteilen zählt, dass sie eine realistische Bewertung ermöglicht, indem sie die zukünftigen Erträge einer Immobilie oder eines Unternehmens berücksichtigt. Sie bietet einen detaillierten Einblick in die finanzielle Leistung und ermöglicht eine fundiertere Bewertung. Zudem ist sie flexibel einsetzbar und kann sowohl für Unternehmen als auch Immobilien verwendet werden.
  • Die Nachteile der Methode umfassen unter anderem, dass sie eine Prognose der zukünftigen Gewinne erfordert, was mit einem gewissen Aufwand und Unsicherheiten verbunden ist. Ausserdem wird die Substanz des Unternehmens bei der Bewertung nicht berücksichtigt. Ebenfalls ist sie für Objekte, welche keine regelmäßigen Erträge abwerfen, nur bedingt anwendbar.
Quintessenz: Ertragswertmethode
  • Der Ertragswert basiert auf zukünftigen Einkünften.
  • Berechnung: Nettoeinkünfte geteilt durch Kapitalisierungszins.
  • Anwendung in Immobilien- und Unternehmensbewertung.
  • Kapitalisierungszins wird durch Markt und Lage beeinflusst.
  • Methode vergleicht Zukunftserträge mit aktuellem Wert.

FAQ

Wie berechnet man den Ertragswert?

Der Ertragswert wird berechnet, indem die zukünftigen Nettomieteinnahmen oder Unternehmensgewinne durch einen Kapitalisierungszinsfuss geteilt werden. Diese Formel spiegelt den aktuellen Wert zukünftiger Einkünfte wider.

Was versteht man unter dem Ertragswertverfahren?

Das Ertragswertverfahren ist eine Bewertungsmethode, bei der der Wert eines Objekts oder Unternehmens auf Grundlage seiner erwarteten, zukünftigen Erträge bestimmt wird.

Wie funktioniert das Ertragswertverfahren bei der Unternehmensbewertung?

Bei der Unternehmensbewertung werden zukünftige Gewinne geschätzt und mit einem spezifischen Kapitalisierungssatz diskontiert, um den Unternehmenswert zu ermitteln.

Wie funktioniert das vereinfachte Ertragswertverfahren?

Das vereinfachte Ertragswertverfahren nutzt vereinfachte Annahmen und Standardwerte für die Berechnung, um eine schnellere, aber weniger detaillierte Bewertung zu ermöglichen.

Oliver S.
Oliver S. schreibt seit 15 Jahren über den Immobilienmarkt. Er ist auf Immobilien spezialisiert und betreibt seit 2012 einen professionellen Blog mit bislang über 1'000 Artikeln und etwa 1 Million Seitenaufrufen pro Jahr. Darüber hinaus hat er in den letzten Jahren 5 Bücher über Management und Führung veröffentlicht.